Brennstoffzusätze für den Dieselmotor

Rubrik: Unterm Bodenbrett

Verfasser: Heinz Dirnberger

Heute möchte ich die kursierenden Meinungen zum Thema Brennstoffzusätze für den Dieselkraftstoff um meine Meinung und um ein paar Tatsachen erweitern.

Wenn wir allen Werbern glauben wollten und alle wunderwirkenden Zusätze verwenden würden, hätte im 1150-Litertank unseres Schiffes, neben den diversen Additiven, vermutlich nur noch ein einziger Kanister Diesel Platz. Dafür würde aber unser Motor am Auspuff weder stinken noch rauchen, hätte sicher weit über 100% Leistung und würde ohne jeglichen Unterhalt unendlich laufen! Wer glaubt, die Gebrüder Grimm seien die grossen Märchenerzähler gewesen, sollte einige Versprechen in Brennstoffzusatz-Werbetexten lesen oder in Segel- oder Motorbootkreisen eine Diskussion zu diesem Thema anhören!

Im Prinzip ist die Sache ganz einfach. Wenn alles zusammenpasst, braucht es keinen Dieselzusatz! Und damit könnte mein heutiger Artikel eigentlich bereits beendet sein.

 

Die Verwendung eines Dieselzusatzes kann aber dennoch Sinn machen. Bei den wenigsten Schiffen und Motoren, und ohnehin nicht bei der Art und Weise wie wir sie benützen, passt eben alles zusammen. Richtig eingesetzt zeigen hier Additive durchaus ihre Wirkung. Es gibt vier Gruppen von Zusätzen die, je nach Schiff, Motor oder Fahrweise helfen, den Motor länger störungsfrei laufen zu lassen: Winterzusätze, Verbrennungszusätze, Wasserabsorber/-binder und Bakterienhemmer. Selbstverständlich gibt es innerhalb jeder Gruppe von Fabrikat zu Fabrikat Differenzen. Ebenfalls gibt es Brennstoffzusätze, die Wirkstoffe von mehreren Gruppen beinhalten. Ich werde also nur die Grundfunktionen der jeweiligen Dieselzusätze erläutern.

Verschiedene Dieselzusätze

 

  1. Winterzusätze.

Winterzusätze sind sogenannte Frostflow-Mittel. Sie verhindern das Ausflocken von Paraffin im Dieselöl bei Temperaturen um und unter 0°C. Wenn das Dieselöl wieder wärmer wird integriert sich das Paraffin wieder ins Dieselöl und hinterlässt keine Rückstände. In den meisten Ländern Europas ist Winterdiesel mit diesem Zusatz bestückt. In der Schweiz wird Winterdiesel mit integriertem Frostflow von Oktober bis April verkauft. Einige Tankstellen mischen den Winterzusatz sogar ganzjährig bei. Nur wenige von uns brauchen sich zu diesem Zusatz Gedanken zu machen, denn nur wer mit Sommerdiesel ohne Frostflow-Mittel bei Minustemperaturen unterwegs sein will, muss einen Winterzusatz beimischen.

 

  1. Verbrennungszusätze.

Verbrennungszusätze helfen, Pumpen und Düsen zu schmieren und sauber zu halten. Sie reduzieren das Verkocken (Verkleben) der Düsen. Der Motor läuft dadurch sauberer und bringt bei gleichem Verbrauch etwas mehr Leistung. Viel wichtiger ist aber, dass sich die Lebensdauer der Düsen bei tiefen Betriebstemperaturen verlängert. Diese Eigenschaft wirkt sich vor allem bei Turbomotoren, die häufig in der unteren Hälfte des gesamten Drehzahlbereiches gefahren werden, sehr positiv aus.

Ich empfehle Verbrennungszusätze vor allem Fahrschulen und Kanalfahrern, denn sie fahren häufig in niederen Drehzahlen und einige von ihnen sogar mit einem Turbomotor.

 

  1. Wasserabsorber und Wasserbinder.

Der Wasserabsorber trennt Wasser und Dieselöl voneinander und unterstützt so den im Schiff eingebauten Wasserabscheider. Achtung! Beim Benzinmotor verwendet man einen Wasserbinder, der allfälliges Wasser mit Benzin verbindet und es so der Verbrennung zuführt. Im Automobilzubehör gibt es zwar auch für Dieselfahrzeuge Wasserbinder, welche aber nur Kleinstmengen von entstehendem Kondenswasser binden können. Weil dort der Tankinhalt häufig umgesetzt wird, entsteht nur so wenig Kondenswasser, dass diese Methode ausreichend funktioniert. Im Schiff liegt das Dieselöl viel länger im Tank und es entsteht viel mehr Kondenswasser. Wasser in diesen Mengen darf nicht mehr in Einspritzpumpe und Düsen gelangen und muss deshalb vom Dieselöl getrennt und entsorgt werden. Viele Schiffstanks verfügen über einen Grundablass um Wasser und Schmutz direkt aus dem Tank entfernen zu können. Zwischen Tank und Motor ist der Wasserabscheider eingebaut um Restwassermengen vom Dieselöl zu trennen. Wer einen Wasserbinder in den Schiffsdieseltank schüttet, arbeitet also gegen den Wasserabscheider und riskiert dabei Schäden in der Dieseleinspritzanlage! Zur Unterstützung des Wasserabscheiders kann dem Dieselöl ein Wasserabsorber beigemischt werden.

Wasserabscheider und Vorfilter Kombianlage

 

 

Mikroorganismen verunreinigen das Dieselöl.

In den letzten Jahren führen auch in Zentraleuropa immer häufiger Bakterien, Schimmelpilze und Hefen zu Problemen im Dieselsystem. Diese Mikroorganismen brauchen Wasser und Dieselöl um sich zu vermehren und zu wachsen. Im Tank vorhandenes Kondenswasser kann dafür bereits ausreichen. Die Microorganismen zersetzen den Brennstoff und produzieren dabei säurehaltige Rückstände, welche die Tankwände, aber auch Dieselleitungen, Filter und schlimmstenfalls die Einspritzanlage angreifen und zu Korrosionsschäden führen können. Die Mikroben selber bilden zusammen mit dem zersetzten Dieselöl eine gallertartige Schlammmasse, die sich am Tankboden ansammelt. Ist genügend Bioschlamm vorhanden oder wird er durch starke Schiffsbewegungen aufgewirbelt, kann er angesaugt werden. Vor allem die Filter, eventuell aber auch die Leitungen, werden verstopft und der Motor stellt ab. In den letzten Jahren hat sich das Problem mit diesen Mikroorganismen massiv verstärkt, vor allem weil dem Dieselöl immer mehr Biodiesel beigemischt wird. In Zentraleuropa beträgt der Mischanteil je nach Land bereits 3-10%. Je höher dieser biogene Anteil im Dieselöl ist, desto langsamer geschieht die natürliche Trennung von Wasser (Feuchtigkeit und Kondenswasser) und Dieselöl im Tank. Erstrebenswert wäre eine schnelle und saubere Trennung von Wasser und Dieselöl, um „Bakterien und Freunden“ nur einen möglichst eng begrenzten Lebensraum zuzugestehen. Wer den Brennstoff für den Motor direkt am tiefsten Punkt des Tankes entnimmt, entzieht so dem Dieselöl laufend das Kondenswasser. Im entwässerten Tank kann also kaum Bioschlamm entstehen und es gibt wenig Probleme im Dieselsystem. Im modernen Schiffbau wird der Brennstoff aber meistens über ein Steigrohr dem Tank entnommen und neuere Gesetzte verlangen zudem, dass der Tank frei im Schiff steht und keine gemeinsame Wand mit einer Schiffswand aufweist. Dadurch sind Brennstofftanks meistens nicht mehr in der kühlen Schiffsbilge installiert, sondern stehen über der Wasserlinie an der Bordwand oder gar im Motorraum. Das Dieselöl wird warm und Wärme fördert das Wachstum der Mikroben. Vom Motor erwärmtes Dieselöl, das als Rücklauf in den Tank zurückgeführt wird, verschlechtert die Situation zusätzlich. Wenn nun bei den neusten Motorengenerationen sogar die elektronische Motorsteuerung mit Dieselöl gekühlt wird und die Einspritzpumpen zur Schalldämmung von Brennstoff umspült werden, heizt sich das Dieselöl so stark auf, dass Motoren und Tankanlagen nicht mehr ohne Dieselölkühler auskommen. Dieser Kühler ist ein Wärmetauscher, in dem das Dieselöl von See- oder Salzwasser abgekühlt wird. Je nach gewünschtem Effekt kann er in der Ansaug- oder in der Rücklaufleitung eingebaut sein. Vor allem bei Segelschiffen sind die Tanks überdimensioniert. Wenn wenig gefahren wird, wird der Tankinhalt kaum umgewälzt und jährlich nur wieder ergänzt. Ablagerungen durch Schmutz, Dieselschlamm und Kondenswasser bleiben am Tankboden liegen und können, wenn der Tank nicht regelmässig entwässert und gereinigt werden kann, zum Mikrobenherd werden.

 

  1. Bakterienhemmer.

Je nach Tankkonstruktion und Dieselbeschaffenheit kann die Beimischung eines chemischen Mikrobenhemmers (Pestizids) helfen, Problemen vorzubeugen. Allerdings kann das Pestizid nur das Wachstum und die Vermehrung der Mikroben hemmen oder im besten Fall, nach einer sogenannten Schockdosierung, sogar alle Mikroben abtöten. Die gallertartigen Rückstände bleiben aber im Tank liegen und können, falls sie angesaugt werden, nach wie vor Leitungen und Filter verstopfen und zum Motorausfall führen.

 

GrotaMar71, der wohl meistverbreitete Bakterienhemmer

 

Die Magnet-Entkeimungsanlage.

 

 

Alternativen zu bakterienhemmenden Zusätzen sind Magnetentkeimungsanlagen. Das bei uns bekannteste Produkt ist der Decontaminator von QL. Er braucht keinen Strom und spart Aufwand und Kosten beim Tanken, denn das Beimischen des Bakterienhemmers entfällt. Die Magnetfelder im Innern des Decontaminators wirken auf das vorbei fliessende Dieselöl. Die Mikroben werden getötet und so stark zerkleinert, dass sie durch Filter und Einspritzanlage bis in den Brennraum gelangen und verbrannt werden. Anders als bei der Verwendung von chemischen Zusätzen kann sich keine grosse Bioschlammmasse bilden und die Ablagerungen am Tankboden werden verringert. Leider funktioniert der Magnet-Entkeimer nur bei Motoren mit einem Dieselrücklaufsystem. Bei diesem System fördert die Brennstoffpumpe viel mehr Dieselöl als der Motor verbrennt. Der Hauptanteil der Fördermenge fliesst über den Rücklauf wieder in den Tank zurück. So wird innert nützlicher Zeit der gesamte Tankinhalt umgewälzt und von Mikroben befreit. Selbstverständlich funktioniert die Magnetanlage nur bei laufendem Motor. In stillstehendem Dieselöl hilft nur das Beimischen eines Pestizid-Zusatzes.

Drei Permanentmagnetringe zerstören und zerkleinern die Mikroorganismen im vorbei fliessenden Dieselöl. Der Magnet-Entkeimer kann entwässert werden.

 

 

Die Grundsatzfrage zu allen Dieselzusätzen lautet also: Passt bei meinem Schiff, meinem Motor und der Einsatzart alles zusammen?

Dem Skipper empfehle ich, diese Frage in mehrere Einzelteile aufzuspalten, um so seinen eventuellen Bedarf nach einem Kraftstoffzusatz abzuklären. Zum Beispiel so: Passt die Motorleistung zum Schiff und wird der Motor im besten Drehmoment- und Wirtschaftlichkeitsbereich gefahren? Fahre ich einen Motor mit oder ohne Turbo? Wird der Motor, nicht nur das Kühlwasser des inneren Kreises, immer betriebswarm? Wird der Dieseltankinhalt jährlich mehrmals umgesetzt? Kann ich den Brennstofftank regelmässig entwässern und reinigen? Ist ein Wasserabscheider zwischen Tank und Motor eingebaut? Wann und woher beziehe ich mein Dieselöl? Wird das Dieselöl direkt vom Tankgrund bezogen oder über ein Steigrohr nach oben angesaugt? Ist mein Dieselmotor mit einem Rücklaufsystem ausgerüstet? Wird das Dieselöl im Vor- oder im Rücklauf gekühlt? Ist ein Magnet-Entkeimer eingebaut?

Es freut mich, wenn die Eine oder der Andere von Euch schon dabei ist, den Teppich wegzurollen und einen Blick unters Bodenbrett zu werfen…

 

HD10.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert